Anzugsdrehmomente von Schrauben

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*Bei zu wenig Anzugsdrehmoment ist auch die [[#Vorspannkraft|Vorspannkraft]] zu gering, die Schrauben würden sich lösen und wegen der geringer werdenden Haftreibung zwischen Bremsscheibe und Radnabe immer größeren Scherkräften ausgesetzt sein, bis sie unter Umständen abreißen würden.
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Nicht nur die wichtigen Schrauben der Bremsscheiben müssen mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden, sondern auch für alle anderen Schrauben sollte man möglichst einen Drehmomentschlüssel benutzen, da man sie sonst in der Regel zu fest anzieht, die Schrauben überdehnt, die Gewinde beschädigt, die Schrauben abreißt, ... und eine sichere Verbindung nicht mehr gegeben ist.<br>
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Erst mit viel Schraubererfahrung hat man einige Anzugsdrehmomente im Gefühl, sollte aber bei wichtigen Schraubverbindungen trotzdem einen Drehmomentschlüssel benutzen.<br>
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Aus der [[#Nennzugfestigkeit|Nennzugfestigkeit]] und der [[#untere Streckgrenze|unteren Streckgrenze]] bzw. der [[#0,2%-Dehngrenze|0,2%-Dehngrenze]] einer Schraube ergibt sich die Festigkeitsklasse:<br>
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Zugfestigkeit, Streckgrenze, Bruchdehnung und Härte. Je höher
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die Festigkeitsklasse, desto höher sind Zugfestigkeit, Streckgrenze
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und Härte. Die Bruchdehnung nimmt bei steigender Festigkeitsklasse
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... ist daher abhängig vom verwendeten Material und vom Durchmesser der Schraube und wird in N/mm² angegeben.<br>
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Die Haltbarkeit einer Schraubverbindung steigt proportional mit der
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Zugfestigkeit des Werkstoffes an. Eine Schraube hält den Belastungen
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stand, so lange sie zäh genug ist, um an allen Stellen die auftretenden
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Spannungen auszugleichen. Die Zugfestigkeit gibt Aufschluss über
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das Dehnverhalten einer Schraube, bevor es zu einer bleibenden Verformung
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oder zu einem Bruch kommt. Die Zugfestigkeit ist die Spannung,
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die sich aus der auf den Anfangsquerschnitt bezogenen Höchstkraft
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Zieht man bei einer Durchsteck-Schraubverbindung die Mutter langsam
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immer fester an, dann wächst der Widerstand stetig, bis eine
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Grenze erreicht wird, an der die Schraube anfängt, sich bleibend zu
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längen. Nun reicht eine geringere Kraft, um sie noch weiter zu längen.
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Das Anziehdrehmoment steigt in dieser Phase nicht weiter an.
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Beim Nachlassen der Beanspruchung geht die Schraube nicht wie
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ein Gummiband in ihre ursprüngliche Länge zurück, denn ihre „Steckgrenze“
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wurde überschritten. Die Streckgrenze gibt je Quadratmillimeter
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des Querschnitts die maximal übertragbare Kraft in Newton (N)
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an, bei der noch keine bleibende Verformung der Schraube eintritt.
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Wird diese Last überschritten, längt sich die Schraube und geht
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schließlich bei noch höherer Belastung zu Bruch. Die Streckgrenzen-
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Bestimmung wird bei Schrauben mit unstetigem Übergang vom elastischen
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in den plastischen Bereich angewendet.
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===0,2%-Dehngrenze===
===0,2%-Dehngrenze===
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Bei Schrauben mit hoher Festigkeit (ab Festigkeitsklasse 8.8) kann die untere Streckgrenze nur schwer oder gar nicht bestimmt werden, da
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die Bestimmung der Streckgrenze nur schwer möglich, da sie sich
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durch einen stetigen Übergang vom elastischen in den plastischen
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Bereich auszeichnen. Die 0,2%-Dehngrenze stellt den Spannungswert
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dar, bei dem eine bleibende Dehnung von 0,2% erreicht wird.

Version vom 22:04, 23. Sep. 2007

Ersteller: BW

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Warum muß eine Schraubverbindung überhaupt mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden?

Nehmen wir als Beispiel mal die Befestigungsschraube der vorderen Bremsscheibe:
Es treten beim Bremsen sehr hohe Kräfte auf, die von der Bremsscheibe auf die Felge übertragen werden müssen.
Wenn die Schrauben alleine diese Kräfte übertragen müßten würden sie auf Grund der hohen Scherkräfte einfach abbrechen. Es sind also nicht die Schrauben, die diese Kräfte übertragen müssen sondern es ist die Haftreibung zwischen Bremsscheibe und Radnabe. Diese Haftreibung steigt mit dem Druck mit dem Radnabe und Bremsscheibe zusammen gepreßt werden, und genau diese Aufgabe übernehmen die Schrauben. Ähnlich wie ein gespanntes Gummiband speichern sie die Kraft, die beim Festziehen auf sie wirkt indem sie sich in der Länge etwas dehnen, um die beiden zu verschraubenden Teile aneinander zu pressen. Die Größe der gespeicherten Vorspannkraft hängt direkt mit dem Anzugsdrehmoment der Schrauben zusammen und darf weder zu groß noch zu klein sein um eine sichere Verbindung und Kraftübertragung zu gewährleisten.

  • Bei zu wenig Anzugsdrehmoment ist auch die Vorspannkraft zu gering, die Schrauben würden sich lösen und wegen der geringer werdenden Haftreibung zwischen Bremsscheibe und Radnabe immer größeren Scherkräften ausgesetzt sein, bis sie unter Umständen abreißen würden.
  • Bei zu viel Anzugsdrehmoment werden die Schrauben überdehnt, verlieren dadurch ihre Elastizität und die Vorspannkraft wird wiederum geringer, mit den gleichen Folgen wie bei zu schwach angezogenen Schrauben.

Nicht nur die wichtigen Schrauben der Bremsscheiben müssen mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden, sondern auch für alle anderen Schrauben sollte man möglichst einen Drehmomentschlüssel benutzen, da man sie sonst in der Regel zu fest anzieht, die Schrauben überdehnt, die Gewinde beschädigt, die Schrauben abreißt, ... und eine sichere Verbindung nicht mehr gegeben ist.
Erst mit viel Schraubererfahrung hat man einige Anzugsdrehmomente im Gefühl, sollte aber bei wichtigen Schraubverbindungen trotzdem einen Drehmomentschlüssel benutzen.

Anzugsdrehmomente GS 500

Motor

Zylinder und Zylinderkopf Nm
Auspuffbefestigungsschraube 18-28
Auspuffrohrschraube 9-12
Nockenwellenlagerdeckelschraube 8-12
Nockenwellenradschraube 17-19
Pleuelstangenlagerdeckelmutter 30-34
Steuerkettenspanner-Befestigungsschraube 6-8
Ventildeckelschraube 13-15
Zylinderkopfmutter 35-40
Zylinderkopfschraube (M8) 8-12
Zylinderstehbolzen 13-16
Motorrumpf Nm
Anlasserkupplungssicherungsschraube 15-20
Ausgleichswellenstellschraube 35-45
Induktionsgeberschraube 17-23
Kupplungsfederstellschraube 4-6
Kupplungsmuffennabenmutter 40-60
Kurbelgehäuseschraube 6 mm 9-13
Kurbelgehäuseschraube 8 mm 20-24
Lichtmaschinenrotor-Befestigungsschraube 110-130
Motorbefestigungsschraube 60-72
Ölablassschraube 20-25
Öldruckregler 17-20
Ölpumpenbefestigungsschraube 8-12
Ölwannenschraube 12-16


Fahrgestell

Gabel Nm
Klemmschraube Vorderachse 18-28
Lenkerhalter-Befestigungsmutter 27-42
Lenkkopfschaftschraube 35-55
Lenkstangenstellschraube 8-12
Obere Gabelspannschraube 18-28
Untere Gabelabelspannschraube 25-40
Vorderachsmutter - Mutter mit Splint 36-52
Vorderachsmutter - selbstsichernde Mutter 40-58
Schwinge Nm
Hinterachsmutter - normale Mutter mit Splint 50-80
Hinterachsmutter - selbstsichernde Mutter 60-96
Hintere Dämpfungshebel-Befestigungsmutter 70-100
Hintere Dämpfungshebelstangen-Befestigungsmutter 70-100
Kettenradmuttern 40-60
obere Federbeinbefestigung 40-60
Schwingenachsmutter 55-88
untere Federbeinbefestigung 40-60


Bremsanlage

vordere Bremse Nm
Bremssattelbefestigungsschraube 30-48
Bremssattelgehäuseschraube 30-36
Bremsscheibenschrauben 18-28
Bremsschlauchverbindungsschraube 15-20
Entlüftungsnippel 6-9
Hauptbremszylinder 8-12
hintere Bremse Nm
Bremsmomentstrebenmutter (vorne/hinten) 22-35
Bremssattelbefestigungsschraube 20-31
Bremssattelgehäuseschraube 30-36
Bremsscheibenschrauben 18-28
Entlüftungsnippel 6-9
Hauptbremszylinderbefestigungsschraube 8-12


Anzugsdrehmomente allgemein

Anzugsdrehmomente von Schrauben mit metrische Gewinde (Nm)
Gewinde Festigkeitsklasse 6.9 Festigkeitsklasse 8.8 Festigkeitsklasse 10.9 Festigkeitsklasse 12.9
M4 3 4,4 5,1
M5 5,9 8,7 10
M6 8,5 10 14 17
M8 21 25 35 41
M10 41 49 69 83
M12 72 86 120 145
M14 115 135 190 230
Anzugsdrehmomente von Schrauben mit metrische Feingewinde (Nm)
Gewinde Festigkeitsklasse 6.9 Festigkeitsklasse 8.8 Festigkeitsklasse 10.9 Festigkeitsklasse 12.9
M8 x 1 23 27 38 45
M10 x 1,25 44 52 73 88
M12 x 1,25 80 95 135 160
M12 x 1,5 76 90 125 150
M14 x 1,5 125 150 210 250

Die Werte gelten ausschließlich für Stahlschrauben!

Vorspannkraft


Baustelle

Die Vorspannkraft ist die beim Anziehen einer Schraubverbindung durch Streckung der Schraube entstehende Zugkraft. Zwischen den beiden zu verschraubenden Teile entsteht dabei eine gleich große Druckkraft. Die Maßeinheit für die Vorspannkraft wird in Newton (N) angegeben. Die richtige Montagevorspannkraft führt zu einer sicheren und zuverlässigen Schraubverbindung. Eine zu hohe Vorspannkraft führt zur Überlastung und Bruch der Schraube oder zur Verformung der zu verschraubenden Teile. Eine zu geringe Vorspannkraft kann zu sich lösenden Schrauben führen.

Tabelle


Festigkeitsklassen

Die Haltbarkeit einer Schraubverbindung steigt proportional mit der Zugfestigkeit des Werkstoffes der Schraube an. Solange eine Schraube zäh genug ist die auftretenden Spannungen und Vorspannkräfte auszugleichen hält die Schraube bzw. die Schraubverbindung.
Die Zugfestigkeit gibt dabei Aufschluss über das Dehnverhalten bzw. die "Zähigkeit" der Schraube, bevor es zu einer plastischen (bleibenden) Verformung oder sogar zu einem Bruch kommt.
Aus der Nennzugfestigkeit und der unteren Streckgrenze bzw. der 0,2%-Dehngrenze einer Schraube ergibt sich die Festigkeitsklasse:

Verbindungs- und Befestigungselemente wie Schrauben, Muttern oder ähnliche Formteile wurden nach internationaler Norm in verschiedene Festigkeitsklassen eingestuft, um deren geforderten Eigenschaften zu standardisieren. Festigkeitsklassen wie 3.6; 8.8; 10.9 oder 12.9 geben somit Informationen über die mechanischen Eigenschaften hinsichtlich Zugfestigkeit, Streckgrenze, Bruchdehnung und Härte. Je höher die Festigkeitsklasse, desto höher sind Zugfestigkeit, Streckgrenze und Härte. Die Bruchdehnung nimmt bei steigender Festigkeitsklasse entsprechend ab.

Tabelle

Nennzugfestigkeit

Baustelle
... ist daher abhängig vom verwendeten Material und vom Durchmesser der Schraube und wird in N/mm² angegeben.

Die Haltbarkeit einer Schraubverbindung steigt proportional mit der Zugfestigkeit des Werkstoffes an. Eine Schraube hält den Belastungen stand, so lange sie zäh genug ist, um an allen Stellen die auftretenden Spannungen auszugleichen. Die Zugfestigkeit gibt Aufschluss über das Dehnverhalten einer Schraube, bevor es zu einer bleibenden Verformung oder zu einem Bruch kommt. Die Zugfestigkeit ist die Spannung, die sich aus der auf den Anfangsquerschnitt bezogenen Höchstkraft ergibt.

untere Streckgrenze

Baustelle

Zieht man bei einer Durchsteck-Schraubverbindung die Mutter langsam immer fester an, dann wächst der Widerstand stetig, bis eine Grenze erreicht wird, an der die Schraube anfängt, sich bleibend zu längen. Nun reicht eine geringere Kraft, um sie noch weiter zu längen. Das Anziehdrehmoment steigt in dieser Phase nicht weiter an. Beim Nachlassen der Beanspruchung geht die Schraube nicht wie ein Gummiband in ihre ursprüngliche Länge zurück, denn ihre „Steckgrenze“ wurde überschritten. Die Streckgrenze gibt je Quadratmillimeter des Querschnitts die maximal übertragbare Kraft in Newton (N) an, bei der noch keine bleibende Verformung der Schraube eintritt. Wird diese Last überschritten, längt sich die Schraube und geht schließlich bei noch höherer Belastung zu Bruch. Die Streckgrenzen- Bestimmung wird bei Schrauben mit unstetigem Übergang vom elastischen in den plastischen Bereich angewendet.

0,2%-Dehngrenze

Baustelle

Bei Schrauben mit hoher Festigkeit (ab Festigkeitsklasse 8.8) kann die untere Streckgrenze nur schwer oder gar nicht bestimmt werden, da die Bestimmung der Streckgrenze nur schwer möglich, da sie sich durch einen stetigen Übergang vom elastischen in den plastischen Bereich auszeichnen. Die 0,2%-Dehngrenze stellt den Spannungswert dar, bei dem eine bleibende Dehnung von 0,2% erreicht wird.

Persönliche Werkzeuge